Das Entwicklerstudio Team Ninja kennen ältere Gaming-Hasen noch für die Klopperreihe Dead or Alive und vor allem für die Wiederbelebung der traditionsreichen Ninja Gaiden-Serie. In jüngerer Zeit hat sich die Spieleschmiede mit gelungenen Soulslike-Vertretern wie Nioh oder Wo Long: Fallen Dynasty einen Namen gemacht, und bewies dabei immer wieder, dass man sich auf knackige Kampfsysteme versteht. Mit dem PS5-exklusiven Rise of the Ronin hat das Studio nun sein wohl ambitioniertestes Werk veröffentlicht und dazu den Genreschwerpunkt etwas verschoben.

Anstelle eines gradlinigen Soulslikes präsentiert uns Team Ninja mit Rise of the Ronin nun ein Open-World-Spiel, welches eher im Action-Adventure-Bereich angesiedelt ist. Dadurch lässt sich sicherlich ein weit größeres Publikum ansprechen, Fans der teils bockschweren aber stets fairen Vorgänger, die nun befürchten, dass Team Ninja damit auf den Casual-Zug aufgesprungen ist, können wir aber direkt beruhigen: Das Kampfsystem ist abermals der beste und vor allem auch anspruchsvollste Aspekt des Spiels.

Anstatt uns abermals eine Menagerie an fantasievollen Fabelwesen zu präsentieren, fußt die Geschichte von Rise of the Ronin auf historischen Begebenheiten und konfrontiert uns im Laufe des Spiels mit einer ganzen Reihe an Persönlichkeiten, die prägend waren für die Vergangenheit Japans. Konkret befinden wir uns in der als Bakumatsu bekannten Ära zur Mitte des 19. Jahrhunderts, die gleichzeitig auch das Ende der Tokugawa- bzw. Edo-Zeit und damit der Isolation des Inselstaates von der Außenwelt darstellt.

Eine bewegte Zeit

Im Jahr 1853 legt ein Geschwader waffenstarrender Boote unter der Führung des US-amerikanischen Marine-Offiziers Matthew Perry vor der Küste Japans an und erzwingt mit der sogenannten Kanonenbootpolitik einen Vertragsabschluss mit dem damals machthabenden Shōgunat. Eben jenes Einknicken des Shōguns gegenüber dem Ausland führte jedoch zu großem Unmut in der Bevölkerung und bei verschiedenen Samuraiclans, aus dem sich schließlich eine Rebellion formte.

Den Rest dieser Geschichtsstunde überlassen wir besser gebildeteren Leuten oder einfach Rise of the Ronin selbst, welches einen so großen Fokus auf die historischen Zusammenhänge legt, dass unsere Spielfigur vor diesem Hintergrund zuweilen etwas verblasst. Dabei sind es doch sehr persönliche Gründe, die unseren wahlweise männlichen oder weiblichen Spielcharakter zu einer Reise veranlassen, die letztlich ein ganzes Land verändern soll.

Als Zwillinge in einem rebellischen Dorf aufgewachsen, welches von Truppen des Shōguns niedergebrannt wird, müssen wir im Kindesalter mitansehen, wie unsere Eltern umgebracht werden. Eine Schwertmeisterin nimmt sich daraufhin unserer an und formt ihre beiden Zöglinge im Laufe der Jahre zu den sogenannten Zwillingsklingen, die jedoch direkt bei ihrer ersten großen Mission getrennt werden.

Nachdem wir uns zuvor bereits für einen der beiden Zwillinge entschieden haben – die wir übrigens beide in einem erstaunlich umfangreichen Editor optisch vollumfänglich anpassen können – verlassen wir auf der Suche nach unserer anderen Hälfte Heimatdorf und Clan und gelten fortan als Ronin – als herrenloser Samurai.

Unterwegs im feudalen Japan

Als solcher durchstreifen wir in der Third-Person-Perspektive fortan die Open-World, folgen der Hauptgeschichte, widmen uns den diversen Nebenquests oder frönen auch einfach der genreüblichen Sammelleidenschaft. Nun haben wir es in Rise of the Ronin genaugenommen allerdings nicht mit einer zusammenhängenden Welt zu tun, sondern drei großen in sich geschlossenen Arealen in und um Edo, Kyoto und Yokohama, zwischen denen wir hin- und herreisen können.

Im Verlaufe der Geschichte lernen wir eine ganze Reihe historisch verbriefter Persönlichkeiten kennen, zu denen wir eine Bindung aufbauen können, die mitunter sogar in eine Romanze ausarten kann. Dazu erfüllen wir bestimmte Beziehungsquest, quatschen über dies und das oder machen unser Gegenüber auch Geschenke. Der Lohn der ganzen Mühe sind diverse Boni, welche unsere Mitstreiter fortan mit in den Kampf tragen.

Während wir Nebenmissionen in den offenen Arealen meist alleine nachgehen, finden die Hauptmissionen nämlich in fest abgesteckten Gebieten statt, in welchen uns bis zu zwei NPC-Buddys zur Seite stehen. Alternativ kann man hier sogar online mit seinen Kumpels ran, das Koop-Erlebnis beschränkt sich aber auf die Mission ؘ– ein gemeinsames Erkunden der Spielwelt ist nicht möglich.

Fraglos ist man online am besten aufgestellt, doch auch mit der KI-Unterstützung ergeben sich viele Vorteile. Nicht nur lenkt sie Feinde ab, damit wir ihnen in den Rücken fallen können, wir dürfen auf Knopfdruck auch zu unseren Kumpanen wechseln, was besonders dann praktisch ist, wenn unsere halbe Zwillingsklinge mal wieder am Boden liegt und geheilt werden muss.

Sterben und sterben lassen

Und das passiert häufiger als einem lieb sein mag, denn die Kämpfe in Rise of the Ronin sind stets fordernd und verlangen volle Aufmerksamkeit. Irgendwo zwischen Sekiro: Shadows Die Twice und Ghost of Tsushima angesiedelt, setzt das Kampfsystem vor allem auf geschicktes Parieren der gegnerischen Angriffe, so dass stumpfen Zuschlagen nur in seltenen Fällen von Erfolg gekrönt ist. Auch kleine Gegner sind von daher eine Gefahr- zumindest wenn ihr diesen hinsichtlich der Spielerstufe nicht schon weit vorausgeeilt seid, leveln die Feinde in den Gebieten doch nicht mit.

Gekämpft wird mit einer ganzen Reihe an Waffen: Katanas, Säbel oder Speere gelten als Primär-, Gewehre, Bögen oder später sogar ein Flammenwerfer als Sekundärwaffen. Jeweils zwei davon stehen uns im Kampf zur Verfügung. Um sich den Gegnern anzupassen, kommen außerdem noch eine ganze Reihe verschiedener Kampfstile hinzu – drei davon können wir pro Waffen mit ins Feld führen, um jederzeit und sogar mitten in der Combo zu wechseln.

Im Prinzip ähnelt dies dem Stein-Schere-Papier-Prinzip aus Ghost of Tsushima. Praktischerweise wird mit einem Symbol direkt angezeigt, welcher Stil sich für den jeweiligen Gegner eignet, so dass man bald kaum noch darüber nachdenkt und mit ein wenig Übung flüssig durch die Stile wechselt, die alle so ihre Eigenheiten mit sich bringen.