Als digitaler Rollenspieler kann man sich dieser Tage wahrlich nicht beschweren. Auf das Ausnahmespiel Baldur’s Gate 3 folgte das epische Final Fantasy VII Rebirth, und kaum hat man dieses durch, steht nun auch schon Dragon’s Dogma 2 an – die Fortsetzung einer Spieleperle auf die uns Capcom hat zwölf Jahre warten lassen. Doch der Zeitpunkt könnte kaum besser gewählt sein, hat doch insbesondere eingangs genannter Titel mit durchschlagendem Erfolg wieder die Lust an einer etwas klassischeren Gangart geweckt, welcher sich nun auch Dragon’s Dogma 2 verschrieben hat.

Wer den Vorgänger auf der Xbox 360 oder Playstation 3 seinerzeit gespielt hat, dem wird die Grundprämisse verdächtig bekannt vorkommen: Abermals schlüpfen wir in einem High-Fantasy-Setting in die Rolle des Erweckten, und damit in die eines Helden, der sich tapfer einem riesigen roten Drachen entgegenstellt, ohne jedoch eine reelle Chance gegen das Ungetüm zu haben. Von unserem Mut und unserer Entschlossenheit angetan, tötet uns der Drache jedoch nicht, und vertilgt stattdessen lediglich unser Herz.

Anstatt ob dieses Umstandes das Zeitliche zu segnen, sind wir fortan mit der Flugechse verbunden und zum Erweckten geworden. Damit einher geht nicht nur die Pflicht, den Drachen eines Tages doch noch zu erledigen, wir haben nun auch Anrecht auf den Thron des Menschenkönigreiches Vermund. Vor allem aber sind uns fortan mit den sogenannten Vasallen Abenteurer aus einer anderen Dimension treu ergeben.

Es kann nur einen geben

Blöd nur, dass wir alsbald festellten müssen, dass bereits ein Erweckter Anspruch auf den Titel des Souveräns von Vermund für sich in Anspruch genommen hat. Bevor wir uns also in Ruhe auf den Kampf mit dem wahrlich apokalyptischen Drachen vorbereiten können, gilt es zunächst, den Kopf einzuziehen und der Verschwörung auf die Spur zu kommen, die auch das angrenzende Königreich der Biestren umspannt.

Wir bereisen die beiden Gebiete in der Third-Person-Perspektive mit einem Helden oder Heldin unserer Wahl. Dabei können wir zum Auftakt des Spiels aus einer Reihe an vorgegebenen Figuren wählen oder uns in dem enorm potenten Charaktereditor austoben. Dieser ist so derart mächtig, dass man im Netz bereits eine ganze Reihe bekannter Charaktere, wie etwa Gandalf, Danny Trejo oder auch Kratos finden kann, die sich Spieler selbst gebastelt haben. Googelt ruhig einmal, ihr werdet erstaunt sein.

Als nächstes müssen wir uns für eine Profession entscheiden. Wollen wir als starker Krieger auf die Reise gehen, als mächtiger Magier, gewiefter Dieb oder die Feinde lieber als Bogenschütze aus der Distanz aufs Korn nehmen? Diese Entscheidung hat enormen Einfluss auf die Spielweise in den Kämpfen, ist glücklicherweise aber nicht in Stein gemeißelt.

Jobwechsel leicht gemacht

Später können wir in Tavernen unsere sogenannte Laufbahn wechseln. Den entsprechenden Lehrmeister vorausgesetzt, erweitern im Laufe des Spiels noch eine Reihe weiterer spezialisierter Klassen – wie etwa der Illusionist, magischer Bogenschütze oder Kriegsmeister – die anfänglichen vier Laufbahnen.

Je nach gewählter Laufbahn verfügen wir über unterschiedliche Waffenfertigkeiten, von denen wir neben den Standardattacken stets vier auf den Schnelltasten verteilen können. Dazu kommen noch klassenspezifische Kernfähigkeiten sowie eine Reihe an passiven Skills, die wir einmal erlernt sogar auf andere Laufbahnen übertragen können.

Unsere wichtigste Waffe im Kampf gegen die vielgestaltige Gegnerschar sind jedoch unsere KI-gesteuerten Vasallen, von denen uns maximal drei auf unserer Reise begleiten. Stets an unserer Seite bleibt dabei unser Hauptvasall, dessen Aussehen und Profession wir selbst festlegen, und der ebenfalls Erfahrung sammelt und damit analog zu uns selbst immer stärker wird.

Die restlichen zwei Plätze füllen wir mit den Vasallen anderer Spieler oder auch der Entwickler, auf die wir dank der sogenannten Rift-Steine Zugriff haben, und die wir dort jederzeit wechseln können und auch müssen. Denn im Gegensatz zu unserem Hauptvasallen leveln die Nebenvasallen nicht mit.

Diese kluge Beschränkung führt dazu, dass wir uns nicht auf eine Party festlegen. Stattdessen sind wir dazu angehalten, uns immer wieder neu aufzustellen, um unsere Taktik im Kampf gegen die teils gigantischen Feinde anzupassen. So lässt sich einem majestätischen Greifen etwa nur dann beikommen, wenn man dessen Flügel in Brand setzt – wohl dem also, der einen Magier an seiner Seite hat oder auch einen Bogenschützen, der Feuerpfeile zu verschießen weiß.

KI mit Köpfchen

Allen, die nun bei der Beschreibung „KI-gesteuert“ bereits mit den Augen gerollt haben, können wir an dieser Stelle versichern, dass unsere Vasallen einen erstaunlich guten Job machen. Wir selbst haben über das Steuerkreuz im Feld lediglich vier rudimentäre Befehle zur Verfügung, um unsere Vasallen zum Beispiel gezielt zur Hilfe zu rufen oder zum gemeinsamen Rückzug zu bewegen.

Darüber hinaus können wir das Verhalten unseres Hauptvasallen über dessen Wesensart festlegen – also ob wir es beispielsweise mit einem forschen Draufgänger zu tun haben, der sich mutig jedem Gegner entgegenwirft, oder eher einem defensiven Taktiker, der stets das gesamte Schlachtfeld im Blick behält. Im Rift können wird auch die Wesensart der dort angebotenen Nebenvasallen einsehen, um unsere Gruppe sinnvoll zusammenzustellen.

Diese Faktoren reichen vollkommen aus, um die Vasallen zu äußerst kompetenten Begleitern zu machen, deren Gesellschaft zuweilen fast schon MMO-Stimmung aufkommen lässt. Auch ohne um Hilfe zu rufen, war unsere Magierin beispielsweise stets zur Stelle, um uns zu heilen. Sie wählte auch klug die passenden Angriffszauber und auch die vielen Nebenvasallen, die uns im Laufe der Spielzeit begleiteten, agierten im Kampf stets zuverlässig und klug ihrer Laufbahn entsprechend. Da haben wir in anderen Spielen mit menschlichen Mitspielern schon ganz andere Erfahrungen gemacht. Und bevor ihr fragt: Nein, Dragon’s Dogma 2 hat leider keinen Koop-Modus.

Die Kompetenz unserer KI-Begleiter erstreckt sich aber auch über die Kämpfe hinaus. Im Feld weisen Nebenvasallen, die bestimmte Spots bereits aus dem Spiel mit ihren ursprünglichen Erweckten kennen, auf Geheimnisse, verborgene Höhlen oder versteckte Schatzkisten hin. In manchen Quests bietet sie gar Führung zum Zielpunkt an und weisen uns daraufhin den Weg – äußerst nützlich, nicht zuletzt auch deshalb, weil sich Dragon’s Dogma 2 dafür an anderen Stellen bewusst äußerst sperrig gibt.