Astro Bot im Test für Playstation 5
Mit dem knuffigen Roboter Astro erhielt die Playstation zu Zeiten des ersten VR-Headsets ein inoffizielles Maskottchen. Seine „Rescue Mission“ kam bei den Spielern so gut an, dass das kleine Kerlchen zum Start der aktuellen Konsolengeneration die neuen Besitzer der PS5 sogar begrüßen durfte. Mehr Tech-Demo als Spiel sollte das vorinstallierte Astro’s Playroom vor allem zeigen, was mit dem neuen DualSense-Controller so alles möglich ist, doch diesmal gab es Kritik – aber eigentlich auch nur deshalb, weil sein abermals äußerst gelungener Auftritt viel zu kurz war.
Die Community forderte ein vollwertiges Spiel und genau das hat Entwickler Team Asobi nun geliefert. Diesmal schlicht Astro Bot getauft, dürfen wir mit dem metallenen Namensgeber nun also gleich eine ganze Galaxie mit über 50 Planeten unsicher machen, um unsere Kameraden wiederzufinden und unser Schiff flottzumachen.
Da die Franchise den Playstation-Kult bekanntermaßen nicht nur feiert, sondern sogar als grundlegende Designvorlage nimmt, handelt es sich dabei um eine interstellare Playstation 5, die Astro und seinen Gefährten quer durchs All transportiert. So etwas weckt jedoch auch Begehrlichkeiten, weshalb ein garstiges Alien namens Nebulax das Schiff kurzerhand in seine Einzelteile zerlegt, um sich die CPU zu schnappen.
Astros Freunde werden bei diesem Angriff quer über die Galaxie verteilt, unser Held selbst stürzt mit den Resten der PS5 auf einem sandigen Planeten ab. Zunächst noch einsam, schwingt er sich kurzentschlossen auf seinen Düsengleiter– natürlich in Form eines DualSense-Controllers – um im All nach seinen Kameraden zu suchen. Von den fünf Sternensystemen ist dort zunächst lediglich der Gorilla-Nebel zugänglich und eben dort beginnt Astros rund 15-stündige Reise – wenn euer Entdeckerdrang groß ist, könnt ihr aber gut und gerne noch ein paar Stunden draufrechnen.
Viel zu tun
Das ist für eine reines Singleplayer 3D-Jump’n’Run schon mal eine Ansage. Hinsichtlich des Umfangs legen die Macher mit rund 80 Level ordentlich vor, die in fünf Sternensysteme und eine freispielbare Bonusgalaxie aufgeteilt sind, welche wir nach und nach von unserer Absturzstelle aus ansteuern können.
Jedes System ist in mehrere Planeten unterteilt. Wer neugierig ein wenig umherfliegt, stößt aber auch auf plötzlich auftauchende Kometen, UFOs und gewisse Pad-Symbole, die zu rammen weitere Level zugänglich macht. Aufmerksam sein lohnt sich also, wenn man die komplette Crew retten will.
Die Level selbst gestalten sich als meist relativ kompakte Hüpf-Parcours, die gespickt sind mit Gegnern, Hindernissen, Fallen, Geheimnissen und vor allem: verdammt viel Kreativität und Lust am Medium Videospiel. Sämtliche Level, selbst jene, die in einer Gruselwelt spielen, strahlen eine so derart positiv-infantile Grundstimmung aus, dass man sich am liebsten mit einem Pyjama und einer Schüssel Cornflakes vor den Bildschirm klemmen möchte.
Wie soll man schon schlechte Laune haben, wenn man gleich zu Beginn mit einem ganzen Haufen Gummigetier zusammen eine riesige Wasserrutsche herabrutscht und umringt von herrlichen Farben bei bestem Videospiel-Wetter Pinguinen beim Sonnenbaden zusehen kann, während unsere Gegner mit umgelegtem Schwimmring im Pool planschen? Und damit haben wir nur einen kleinen Teil des ersten Levels beschrieben.
Auf diese Art und Weise geht es beständig weiter, so dass bis zum letzten Areal nicht ein einziges Mal Langeweile aufkommt. Team Asobi legt ein derart gutes Gefühl für Details an den Tag, dass es (nicht nur) als Fan eine wahre Freude ist, diese in ein Spiel gegossene und bewusst maßlos übertriebene Lobhudelei an das Franchise Playstation zu erforschen. Nach jedem abgeschlossenen Gebiet fragt man sich aufgeregt, was wohl als nächstes kommen mag.
Wir müssen an dieser Stelle konstatieren, dass Astro Bot ein äußerst leichtes Spiel ist. Zwar gibt es diverse Bonus-Herausforderungen, die im Schwierigkeitsgrad auch mal etwas anziehen, alte Genre-Hasen werden aber auch hier mitunter beim ersten Versuch durchkommen. Selbst die in den Leveln verstecken Bots, Puzzleteile und geheimen Ausgänge sind recht einfach zu finden. Und sollten wir doch mal etwas übersehen haben, hilft uns beim zweiten Versuch wahlweise ein Radar-Vogel beim Aufspüren.
Bekannte Gesichter
Wirklich gefordert haben wir uns nie gefühlt, dafür aber immer mal wieder beim Grinsen ertappt, wenn wir etwa einer etwas debil dreinblickenden X-Taste begegnen oder feststellen, dass über Abgründe gespannte Seile mit einer Memory-Card arretieren. Derlei Anekdoten finden sich in Astro Bot zuhauf, zumal eine ganze Reihe unserer Crew Adaptionen bekannter Videospielfiguren darstellt.
Dabei beschränken sich die Macher aber nicht nur auf Sony-Helden wie Nathan Drake oder Kratos, auch die Prominenz anderer Spielehersteller ist eingeladen, bei dieser gigantischen Videospielparty mitzufeiern. Und genau das ist es: Ein Fest für Gamer voller Aha- und Wow-Momente, welches dem Medium ein wahnsinnig verspieltes Denkmal setzt.
Wir bleiben hier bewusst vage, um euch die vielen Überraschungen nicht vorweg zu nehmen, es darf aber gesagt sein, dass am Ende eines jeden Sternensystems ein Endgegner lauert, der einen besonders prominenten Bot gefangen hält. Sind die cool inszenierten Bossfights überstanden, wartet noch ein auf eben jene Figur zugeschnittenes Level auf uns, für welches wir uns kurzerhand das Outfit und die Fähigkeiten des jeweiligen Charakters leihen.
Als Bot-Kratos werfen wir beispielsweise wie das große Vorbild die Leviathan-Axt, als Astro-Nathan feuern wir aus der Deckung Plastikkugeln auf die Gegner, als Mini-Aloy verfügen wir über einen Bogen – und wem nicht spätestens bei diesen auch musikalisch enorm sympathisch adaptierten und pointierten Verneigungen vor den Originalen das Gamer-Herz aufgeht, dem ist wirklich nicht mehr zu helfen.
Nützliche Helferlein
Doch auch in den Standard-Leveln, wenn man das Wort ob dieser Ideendichte überhaupt benutzen mag, werden Astro immer wieder nützliche Gadgets zuteil. Zusätzlich zu seinen Grundmanövern wie Springen, das kurze Schweben auf einem für punktgenaue Landungen enorm nützlichen Düsenstrahl oder einen Punch, verleihen uns die als Rucksack umgeschnallten Robotertiere zeitweilig Fähigkeiten wie einen Extraschub, zwei reichweitenstarke und durchschlagskräftige Froschhandschuhe oder eine Pumpe, mit der wir uns zu einem schwebenden Ballon aufblasen.
Mit dem Pinguin düsen wir besonders effektiv durchs Wasser, ein kleiner Elefant kann Flüssigkeiten aufsaugen, um neue Plattformen zu erschaffen, ein Äffchen hilft beim Klettern. Zuweilen werden wir aber auch zu einem Schwamm und wachsen zu einem Riesen heran, wenn wir Wasser aufsaugen, um damit an einer weiter entfernten Stelle ein Feuer zu löschen.
Da die Level auf die jeweiligen Fähigkeiten zugeschnitten sind, ist es nicht möglich, durch die Gadgets zu wechseln, so dass die Vorgaben stets sehr klar sind und wenig Raum für Experimente lassen. Generell ist Astro Bot eine Art Derivat dessen, was in dem Genre als guter Ton gilt und damit rein auf die spielerische Grundstruktur heruntergerechnet nicht unbedingt originell zu nennen. Die Art und Weise, wie das Ganze dargereicht wird, ist allerdings so verschwenderisch fröhlich und vor allem auch handwerklich enorm gut gemacht, dass es dem Spielspaß zu keiner Sekunde einen Abbruch tut.
So ist nicht nur die Steuerung in jeder Situation enorm präzise, auch in Sachen Technik gibt sich Astro Bot keine Blöße. Uns ist bis zum Abspann nicht ein einziger Grafikbug untergekommen, was angesichts der Pracht und Vielfalt, die Astro Bot auf den Bildschirm zaubert, schon beeindruckend ist. Dabei läuft das Spiel in sauberen 60 Bildern pro Sekunde stets flüssig und bleibt immer knackescharf.
Es regnet Krimskrams
Und wenn fähige Techniker auf ebenso fähige Designer treffen, überraschen die Spielwelten dann eben selbst im Kleinsten mit einer auf Bot-getrimmten Fauna, die mit urigen Animationen auf unsere Handlungen reagiert, nur um uns dann mit herrlich anzusehenden Physikspielereien wortwörtlich zu überschütten.
Während auf beweglichen Plattformen umherwabernde Lava noch einen spielerischen Zweck erfüllt, dienen wahrlich überbordende Partikeleffekte meist schlicht dem reinen Spaß an der Sache. In einer Höhle laufen wir aus reiner Freude minutenlang durch ein wahres Meer an Edelsteinen, von denen jeder physikalische korrekt reagiert. Aus Kisten ergießt sich einen Masse an Haselnüssen über uns, wir versinken in einem Becken aus glänzenden Schrauben oder spielen mit Blättern im Wind – herrlich.
Einen großen Teil der Faszination macht dabei die Einbindung der Fähigkeiten des DualSense-Controller aus, die schon der Aufhänger von Astro’s Playroom waren. Das haptische Feedback der Trigger war nie so unser Ding, fängt beispielsweise das Gefühl der darüber befeuerten Düsen unseres Gleiters aber enorm gut ein. Sehr, sehr cool finden wir aber vor allem die abermals unglaublich feinen und beeindruckenden Rumble-Effekte, die jeden Untergrund förmlich spürbar machen und fallenden Regentropfen oder brechenden Plattformen eine haptische Bühne in unseren Händen bereiten.
Auch der Gyrosensor kommt zu Einsatz, wenn wir etwa mit unserem Gleiter in die Level einfliegen oder gefundene Bauteile in die PS5 einbauen müssen. Eben jene Momente sind es dann aber, die uns bei all dem Lob doch noch sehr schwer seufzen lassen. Denn eine ganz dicke Kröte gibt es mit Blick auf Astros neues Abenteuer dann doch noch zu schlucken: Es gibt keine VR-Unterstützung!
Astro‘s Rescue Mission war auf der ersten PSVR ein absolutes Paradebeispiels dafür, was VR-Spiele sein können, und damit auch ein Werbeträger für das Zubehör. Dass ausgerechnet Astro, der ja ganz gerne zeigt, was Playstation-Peripherie zu leisten in der Lage ist, nicht abermals ran darf, um die technische Potenz der PSVR 2 zu demonstrieren, ist wirklich schade und beweist leider, wie wenig Sony in die Zusatzhardware zu investieren bereit ist.
Fazit:
Spielspaß von einem anderen Stern: Mit Astro Bot beweist Team Asobi nicht nur abermals eine beeindruckende Kompetenz, wenn es darum geht, ein durchweg unterhaltsames 3D-Jump’n’Run zu gestalten. Es macht seine Sache dabei sogar so gut, dass ein gewisser schnauzbärtiger Genre-König allen Grund hat, um seinen Thron zu fürchten.
Astro Bot ist ein Feuerwerk der guten Laune, welches dem Medium Videospiel im Allgemeinen und der Playstation-Franchise im Speziellen ein rauschendes Fest bereitet. Das wäre allerdings nicht viel Wert, wenn die Grundsubstanz nicht stimmen würde, aber hier trifft perfekte Spielbarkeit auf eine auf Hochglanz polierte Technik, die es sich nicht nehmen lässt, auch mal aus reinem Selbstzweck immer wieder mit beeindruckenden Partikeleffekten zu protzen.
Erfahrenen Gamern dürfte das Spiel insgesamt zwar zu leicht sein, zumal es selbst für das Aufspüren der Geheimnisse eine Hilfestellung gibt, das tut dem puren Spielspaß jedoch keinen Abbruch. Astro Bot langweilt vom Vorspann bis zum Abspann zu keiner einzigen Sekunde – und das ist mit Blick auf die fürs Genre recht großzügige Spielzeit wahrlich ein Kunststück.
Astro Bot ist exklusiv für die Playstation 5 erhältlich.