Viele deutsche Gemeinden versuchen dieser Tage, dem hohen Verkehrsaufkommen etwas entgegenzusetzen, welches in Folge der über Jahrzehnte zelebrierten Bevorzugung des Autos in Sachen Stadtplanung immer weiter steigt und steigt.

Faktisch sind einfach viel zu viele Autos auf den Straßen unterwegs, weshalb es inzwischen diverse Konzepte gibt, um die Innenstädte wieder fußgängerfreundlicher und damit auch lebenswerter zu gestalten.

Während zu diesem Zweck vielerorts vor allem mit Verboten und umfangreichen Umbaumaßnahmen zu Werke gegangen wird, setzt man im hessischen Marburg auf ein Belohnungssystem. Dort nämlich wird den Bürgern eine Prämie angeboten, wenn diese ihr Auto für ein ganzes Jahr abmelden.

Diese Maßnahme ist Teil des sogenannten „MoVe 35“-Verkehrskonzeptes der Stadt, welches auf lange Sicht darauf abzielt, den Individualverkehr in Marburg bis zum Jahr 2035 zu halbieren und die Umweltbelastung zu verringern. Der Start des Pilotprojekts ist für Mitte Juni geplant.

Anreize zur Abmeldung des Autos

Die Stadt Marburg bietet konkret eine Prämie von 1.250 Euro für diejenigen, die bereit sind, ihr Fahrzeug für ein Jahr stillzulegen. Diese Summe wird jedoch nicht bar ausgezahlt, sondern in Form von verschiedenen Gutscheinen zur Verfügung gestellt.

Dazu zählen unter anderem Gutscheine für Carsharing im Wert von bis zu 800 Euro, Coupons für den öffentlichen Verkehrsbetrieb bis zu einem Wert von 600 Euro, Gutscheine für lokale Geschäfte und Restaurants bis zu 400 Euro sowie Klimaboni in Höhe von 50 Euro. Das Angebot gilt unabhängig davon, ob das betroffene Fahrzeug als Haupt- oder als Drittwagen genutzt wird.

Win-Win-Situation

Auf den ersten Blick ein teures Unterfangen für die Stadt, durch die Abmeldung von Autos spart man dort allerdings die Kosten für Grundstücke und die Instandhaltung öffentlicher Parkplätze.

Pro Fahrzeug sind das rechnerisch immerhin 12 bis 15 Quadratmeter Parkfläche, so dass jeder Wagen die Stadt laut Stadtrat Dr. Michael Kopatz letztlich 2.760 Euro kostet. Da dieses Geld mit jeder Abmeldung eingespart wird, macht Marburg mit der Prämie in vielerlei Hinsicht also einen guten Deal.

Im nächsten Schritt sollen die freiwerdenden Parkflächen außerdem in Grünanlagen umgewandelt werden. Das „MoVe 35“-Projekt stößt jedoch sowohl unter den Bürgern als auch in der Opposition auf geteilte Meinungen. Von daher wurde nun ein Bürgerentscheid angesetzt, um über die weiteren Schritte des neuen Verkehrskonzepts zu entscheiden.