Man sollte meinen, dass mit höheren Kosten auch ein größerer Umfang einhergeht, die Streaming-Dienste pfeifen dieser Tage jedoch auf diese einfache Regel und drehen immer weiter an der Preisschraube, ohne dafür einen Mehrwert zu bieten. Während Amazon Prime Video beispielsweise Werbung im Standard-Abo eingeführt hat, ohne dieses dafür zu vergünstigen, hat Netflix erst kürzlich mal wieder die Kosten für werbefreie Abos angehoben.

Offenbar bröckelt das Fundament des Geschäftsmodells mit Blick auf den Content-Hunger der Zuschauer, der wachsenden Konkurrenz und das Produzieren von exklusiven Inhalten ganz gewaltig. Von daher findet in der Branche inzwischen auch ein Umdenken statt. Im Falle von Netflix hat man aus der veränderten Situation den Schluss gezogen, dass man dort künftig weniger Filme umsetzen möchte.

Neue Strategie

Dies geht zumindest aus einem Bericht der New York Times hervor, demzufolge mit Dan Lin ein neuer Verantwortlicher für den Filmbereich bei dem Streaming-Giganten ernannt wurde, dessen Aufgabe es nun ist, Kosten zu senken. Wie es heißt, habe Lin dazu bereits 15 hochrangige Mitarbeiter auf die Straße gesetzt und die Filmsparte neu aufgestellt.

Hatte man diese zuvor entsprechend ihres Budgets strukturiert, organisiert Lin das Ganze nun nach Genres, wodurch sich der Fokus auf die Inhalte schärfen soll. In diesem Zusammenhang soll Lin angedeutet haben, dass man bei Netflix nicht mehr länger nur die Heimat teurer Action-Blockbuster mit großen Stars mit Dwayne Johnson, Gal Gadot oder Ryan Reynolds sein möchte.

Die neue Strategie sieht vor, stattdessen die Qualität der eigenen Produktionen zu verbessern. Zudem sollen die Filme günstiger und nicht mehr in einer so hohen Frequenz veröffentlicht werden. Auch die inhaltliche Bandbreite soll größer werden, um vielfältige Interessengebiete der Zuschauer abzudecken. Um das zu erreichen, möchte man nun angeblich stärker als Produzent auftreten, nachdem zuvor meistens Projekte von außen an den Streamingdienst herangetragen wurden.

Verwöhnte Filmemacher

Damit geht jedoch auch einher, dass Filmemacher und Stars sich mehr länger so kreativ und großzügig budgetiert austoben können, wie bisher. Dabei war doch gerade dies ein Aspekt, weshalb beispielsweise die Regie-Legende Martin Scorsese seinen neuen Streifen mit Netflix realisierte und nicht mit den traditionellen Filmstudios. Dass Netflix angeblich plant, die Gagen künftig vom Erfolg des Filmes abhängig zu machen und nicht mehr länger einfach im Vorfeld gigantische Summen auszuschütten, könnte Filmschaffende zusätzlich abschrecken.

Mit der neuen Strategie geht außerdem einher, dass sich Netflix damit wohl wieder ein weiteres Stück von dem Medium Kino entfernt, in dessen Richtung man sich zuletzt mit zaghaften Schritten bewegt hatte. Nun bekommt aber nur der einen Oscar, der auch die große Leinwand bespielt, und generell ist die Aufmerksamkeit für einen reinen Streaming-Film deutlich geringer als für einen Kino-Blockbuster.

Für die großen Regisseure dürfte Netflix damit zunehmend unattraktiver werden. Auf der anderen Seite könnten kleinere und mittlere Produktionen von der Entwicklung profitieren, die es bekanntermaßen eher schwer haben, bei den großen Filmstudios unterzukommen.

Ob die neue Strategie am Ende Früchte tragen wird, muss sich erst noch erweisen, eines ist aber schon jetzt sicher: Mit besserer Qualität setzt man immer auf das richtige Pferd.