Als der Film „Matrix“ 1999 veröffentlicht wurde, schlugen nicht nur die furiosen Action-Sequenzen mit der legendären Bullet-Time ein wie eine Bombe, auch die Figuren prägten mit coolen Outfits einen eigenen Stil, der viel dazu beitrug, dass die Franchise rasch zum Kult avancierte.

Die Charaktere, die von der fiktiven Realität der Matrix wussten, wählten in der Simulation bewusst Mäntel aus Latex oder Leder und vor allem auch Sonnenbrillen – da stellt sich aber ja die Frage, warum eigentlich?

Nun lässt die „Matrix“-Reihe bekanntermaßen viel Spielraum für Interpretationen die stilistische Wahl der Sonnebbrillen diente aber wohl nicht nur der reinen Ästhetik, sondern auch der funktionalen Unterscheidung zwischen den Welten innerhalb des Films.

Was ist die Matrix?

Für die Zuschauer erleichterten die Sonnenbrillen die Orientierung, indem sie halfen, den aktuellen Handlungsort – sei es innerhalb oder außerhalb der Matrix – zu identifizieren. Die Agenten, die Antagonisten der Serie, nutzen die Sonnenbrillen indes, um eine dehumanisierende Wirkung zu erzielen und sich als nicht-menschliche Entitäten darzustellen.

Einen weiteren Erklärungsansatz zufolge symbolisieren die Sonnenbrillen in „Matrix“ zudem das Sehvermögen im übertragenen Sinne. Charaktere wie Neo und Morpheus, die Sonnenbrillen tragen, sind jene, die die wahre Natur der Matrix erkennen – ein zentrales Thema des Films, das die Diskrepanz zwischen Realität und Wahrnehmung aufzeigt.

Interessanterweise tragen bedeutende Figuren wie das Orakel und der Architekt, die eigentlich doch ein noch tieferes Verständnis der Matrix und ihrer Funktionsweise haben, wiederum keine Sonnenbrillen. Dies könnte darauf hinweisen, dass ihr Wissen über die Illusionen der Matrix so fortgeschritten ist, dass sie keine visuellen Hilfsmittel benötigen, um die Wahrheit zu erkennen.

Platons Höhlengleichnis

Die Bedeutung der Sonnenbrillen lässt sich auch auf Platons Höhlengleichnis zurückführen, eine Allegorie auf das Erwachen zu wahrer Erkenntnis und ein zentrales Element in der Philosophie der griechischen Antike, als dessen zeitgenössische Darstellung „Matrix“ ohnehin oft bezeichnet wird.

Platons Gleichnis beschreibt Menschen, die in einer Höhle angekettet sind und nur Schatten an der Wand sehen, die durch Figuren erzeugt werden, die sich zwischen einem Feuer und den Gefangenen bewegen. Diese Schatten bilden ihre gesamte wahrgenommene Realität. Das Gleichnis setzt sich fort mit der Befreiung eines Menschen, der sich umdreht und das Feuer erkennt, das die Schatten wirft. Diese Erkenntnis führt dazu, dass er die Höhle verlässt und schließlich die Sonne sieht, was die wahre Realität symbolisiert.

In „Matrix“ wird diese Allegorie durch die Charaktere neu interpretiert, welche die künstlich erzeugte Realität der Matrix durchschauen und die wahre Welt außerhalb ihrer erkennen. Dieses Erwachen aus der Illusion spiegelt die Reise des befreiten Höhlenbewohners wider, der aus der Dunkelheit ins Licht tritt und die Wahrheit begreift.

In „Matrix“ repräsentieren die Sonnenbrillen von daher möglicherweise Schutz vor der „Blendung“ durch die erkannte Realität. Charaktere, die wie Neo oder Morpheus die „Sonne“ – die Wahrheit hinter der scheinbaren Realität – erblicken, tragen Sonnenbrillen, um sich vor dieser überwältigenden Wahrheit zu schützen. Das Orakel und der Architekt hingegen sind metaphorisch so an das Licht gewöhnt, dass sie ohne diesen Schutz auskommen.